Corcovado-lange habe ich mich schon auf dich gefreut. Nur wenige Touristen kommen bis hierher, da die Fahrt aufwendig ist. Das muss man schon wirklich wollen, diese Abgeschiedenheit. 80-90% der Touristen in Corcovado sind in Drake Bay, die anderen, so wie ich, in abgelegenen Buchten.
Der Corcovado war bis zu den 30er bzw. 60er Jahren ein primärer tropischer Regenwald. Erst nahm sich die United Fruit Company in den 30ern eine enorme Fläche, um Bananen zu monokultivieren, dann in den 60er Jahren ein amerikanisches Holzindustrieunternehmen, die große Regenwald-Flächen abholzte. Mit den einheimischen Landwirten kam es zu blutigen Auseinandersetzungen und auch die von der United Fruit Company angeheuerten und einheimischen Goldsucher setzten auf der nördlichen Seite der Halbinsel rund um den Rio Tigre durch die Absenkung des Flussbetts der Natur noch zusätzlich zu. Noch bis Mitte der 80er Jahre lebten hier 200 Goldsucherfamilien.
Mein Vater war genau hier im Norden von Corcovado in den frühen 80er Jahren mit seinem Bruder auf Goldsuche und verirrte sich im Dschungel. Dem Rio Rincón folgend wollten sie schließlich ans Meer finden, gerieten jedoch immer tiefer in den Dschungel, kletterten mit einem Seil einen Wasserfall hinunter und saßen ohne Ausweg fest, das Seil war zu kurz (das haben sie sich einfach um den Körper gebunden). Gerettet wurden sie von einheimischen Indigenen, die sie durch deren Hund aufspürten und schließlich ihr Leben retteten. Dank ihnen und der Rettung meines Vaters konnte ich wenige Jahre später überhaupt erst geboren werden.
Ein großes Gebiet der Halbinsel wurde 1975 zu einem geschützten Nationalpark erklärt. Sehr schnell wuchs hier der sekundäre Regenwald, der viel lichter und daher eine reichere Artenvielfalt in Flora und Fauna erlaubte. Und so ist dies zu dem artenreichsten Gebiet auf der kleinstem Raum geworden mit sage und schreibe 2,5% aller Tiere der Erde. So viel wie in der ganzen USA und über 50% Costa Ricas.
Nun zurück zu meinen Erlebnissen in Corcovado. Ich kam also mit dem Boot an, und auf dem anderen Boot sah ich Katha, mal wieder. Ich wurde zunächst gefragt, ob ich und wann ich und zu welcher Tour im Nationalpark wollte. Da ich mich bisher nicht eingelesen hatte, wusste ich auch nicht, was gängig war, fand es aber schnell raus und sagte "Sirena-Park". Ich musste bis zum nächsten Tag auf die Bestätigung warten, bis ich wusste, ob ich am übernächsten Tag mit darf.
Ich ging mit Katha zum Drake Bay, da ich Joghurt und vielleicht noch andere Dinge kaufen wollte. Außerdem hatte ich eine minimale Hoffnung,dass es da doch einen Geldautomaten gab, da ich befürchtete, zu wenig Geld abgehoben zu haben. Wir liefen über eine Stunde einen Pfad zu den Anfängen des Drake Bay, nochmal 15 min bis zum Zentrum und Supermarkt. Der Weg war der Hammer. Man läuft an zahlreichen, einsamen Buchten entlang, läuft über eine verwunschene Hängebrücke über einen smaragdgrünen Fluss mit großen Felsen, in dem Kayaker sich verträumt treiben lassen, bleibt stehen, wenn ganze, dicke Äste vor die Füße auf den Boden krachen, weil braune Geoffroy-Klammeraffen sich akrobatisch über die Bäume hangeln.
(Mit freundlicher Genehmigung von Katha-ihre Fotos)
Nur wenig Hoffnung hatte ich, dass wir bis zum Sonnenuntergang wieder zurück sein werden und ich hatte keine Stirnlampe mit und wir wurden auch noch drauf hingewiesen, dass wir eine mitnehmen sollen, wegen der Schlangen. Wir sahen den Sonnenuntergang und waren zurück, bis es dunkel war.
Mein Hunger war bis dahin ins Unermessliche gestiegen, ich lief hoch zum Hostel (die Rezeption und das Restaurant waren unten und man musste 5 min steil hoch) und trank erstmal ein Bier. Vorher hatte ich Fisch zum Abendessen vorbestellt und aß zusammen mit einer alleinerziehenden Amerikanerin, die mit ihrem bildhübschen,karibisch aussehenden, 10 jährigen Sohn mit einem Busch an lockigen Haaren Poker spielte und unterhielt mich mit ihr. Sie wohnten seit einigen Jahren in der Nähe von Uvita, sie ist Krankenschwester.
Es saß auch ein Guide am Tisch mit seiner Familie, der mit den beiden eine kleine Nightwalktour rund um das Hostel machen wollte, auf Spendenbasis. Ich bin spontan mit, obwohl ich von der Reise und dem Einkaufstrip ziemlich müde war. Gleich zu Beginn sahen wir eine kleine Viper. Und später zahlreiche Einsiedlerkrebse, die in der Abenddämmerung zu Tausenden am Strand entlang laufen und violette Krabben. Und Kröten und kleine Frösche. Außer der Schlange war also nicht viel dabei, was ich nicht auch so gesehen hätte.
Ich gab ihm nicht viel Geld, weil ich auch Angst hatte, dass es mir am Ende nicht ausreichte. Und ich wollte den Aufschlag von 13% für eine Kreditkartenzahlung ungern ausgeben. Außerdem hatte er ja keinen festen Preis gesagt, vielleicht, weil er es gewohnt war, dass ihm die Leute am Ende mehr gaben als mit einem ausgemachten Preis.
Ich schlief ganz gut. Nur waren viele bereits um 05:30/6 Uhr wach, normal hier, da man für die Touren schon um sechs parat stehen muss. Ich wollte einen ruhigen Tag verbringen und auf die andere Seite zum Rio Claro laufen. Nach meinem Müsli machte ich mich auf den Weg, unterwegs wollte ich an verschiedenen Buchten baden. Hier war das Wasser sehr viel ruhiger als in Montezuma oder Manuel Antonio. An einem größeren Strand machte ich früh Halt, ich war alleine hier. Nach der Erfahrung in Uvita und Manuel Antonio wollte ich weder den menschlichen Affen noch den affigen Menschen meine Wertsachen zum Mitnehmen anbieten. Da das die letzten beiden Male gut klappte, steckte ich den Geldbeutel und mein Handy in den kleinen wetbag und anschließend in die Wetbagtasche mit Gurt, damit ich es an meinen Bauch anbringen kann. Nach dem entspannten Planschen machte ich den wetbag auf und sah, dass etwas Wasser rein gelaufen war. Ich testete, ob das Handy noch ging, und ja, es reagierte. Der Geldbeutel war auch sehr nass. In dem Moment kam eine Spanierin und setzte sich zu mir. Wäre ich also 10 Minuten später angekommen, hätte ich meine Sachen da gelassen. Hätte, hätte, Fahrradkette. Es ist, wie es ist. Das Handy ging dann aus und nie wieder an. Ich hatte keinen Nerv, mich mit ihr zu unterhalten und ging weiter.
Ich überlegte, ob ich jetzt gleich was unternehmen sollte oder wie geplant weiter gehen. Ich entschied mich, mich mit der Natur zu trösten. Es wird schon wieder trocknen und alles wird wieder funktionieren, das ist ein modernes Handy und das testet man in Spülmaschinen, also kann das was aushalten.
Wieder an schönen Buchten entlang lief ich bis zum Rio Claro, wo sich zwei Touristen im niedrigen Flussstrom erfrischten. Ah ja,im Strom gibt es keine Krokodile und ich ging auch hinein. Ach, war das toll, kühler als diese Meeresplörre, die warm wie eine Badewanne war.
Hinten war der Fluss sehr viel breiter und ruhiger, da waren aber auch Einheimische baden, ich lief weiter bis zu dem großen Strand Josecito, wo ich eine kurze Pause mit Badeeinheit einlegte. Auf dem Weg zurück traf ich auf Kapuzineraffen, die Mal wieder den Weg versperrten, aber zur Seite sprangen, als ich selbstbewusst passieren wollte. Sie haben jedenfalls keinen Wegzoll verlangt. Außerdem war da noch eine ganze Nasenbärenfamilie.
Zurück lief ich schneller, badete nochmal kurz im Fluss, ich wollte etwas mit dem Handy machen. Im Kopf hatte ich, dass Salzwasser das schlimmste für ein Handy ist plus feiner Sand. Mein Impuls war es also, mit gefiltertem Wasser das Handy zu baden, das andere, das ich in Mexiko schon ebenso im Meer geschrottet hatte, habe ich gleich mit gebadet. Bisschen geschüttelt, damit das schön durchgespült wird mit dem Süßwasser. Dann in Reis gelegt. Danach habe ich mir ein Steak gebraten und bin mit der französischen Schweizerin, die in Uvita auf meine Sachen aufgepasst hatte und im selben dorm schlief, zum Sonnenuntergang gelaufen. Wir badeten, was aber aufgrund des Kampfes zwischen Ebbe und Flut etwas ungemütlich war, die Wellen klatschten beidseitig aufeinander. Später kamen noch Katha und ein Chilene dazu, sowie Carles aus Barcelona, der hier seit einem Monat wohnte und die Check-ins und -outs übernahm. Es war sehr schön, diesen Moment teilen zu können.
An der Rezeption wurde uns morgens mitgeteilt,dass am Abend ein Lagerfeuer gemacht wird. Da ich chorizo gekauft hatte, setzte ich mir in den Kopf damit Bratwurst am Lagerfeuer zu braten und suchte mir einen Stock. Katha hatte die Idee, Stockbrot zu machen. In der Nähe gab es eine Soda mit Mini Markt und wir kauften Mehl und Backpulver,da es keine Hefe gab. Niemand, auch nicht die französische Schweizerin, kennen Stockbrot. Katha erzählte, dass sie auf ihrer Reise immer wieder Europäer gefragt hätte, ob sie das kennen würden und bisher kannten es nur Deutsche. Also wollte sie es international bekannt machen, was für eine Mission! Um sieben sollte es los gehen, bis wir aber runter an den Strand gingen, war es halb neun. Niemand hatte Lagerfeuer gemacht, vielleicht, weil keiner von uns vorher runter gelaufen ist und wir die einzigen Gäste waren. Carles war damit beschäftigt, Stöcke zu suchen und zu schnitzen, Katha bereitete den Teig vor.
Bis wir das Lagerfeuer entfachen konnten, verging nochmal Zeit, wenigstens brannten die trockenen Palmenblätter kurz auf. Alle waren begeistert von dem Stockbrot und wir hatten ein schönes Lagerfeuer unter uns und den Einsiedlerkrebsen.
Es war dann auch egal, dass es bis elf ging und ich früh aufstehen musste.
Ich sollte um 05:45 Uhr bereits unten stehen. Da ich ja keinen Wecker hatte, bat ich Katha mir den Wecker zu stellen. Ich war die einzige um diese Uhrzeit, die anderen gingen später zum Sirena-Park. Ich frühstückte und ging nach unten. Ich meinte, ich wäre auf jedenfall um 05:45 Uhr bereits unten gestanden. Manche Fischer gingen vorbei. Dann fiel mir siedenheiß ein, dass ich mein Geld gar nicht mitgenommen habe! Ich fragte einen Fischer nach der Uhrzeit. Oh Mann,06:20 Uhr, was mach ich jetzt, Carles oben wecken und ihn fragen, warum die nicht kommen und mein Geld holen? In dem Moment sah ich einen gelbbauchigen Tukan und musste einfach Fotos machen. Gleichzeitig kam ein Boot an die Bucht, im nächsten Moment kam einer vom Restaurant, der sagte, ich solle zum Boot runter laufen und ich bräuchte kein Geld, da die Zahlung über das Hostel geht. Achso, ja, gut, dass ich nicht hoch gelaufen bin, dann, genau dann hätte ich das Boot verpasst. Danke, lieber Tukan! Ein gelbbauchiger Tukan sieht so aus (Katha hat am gleichen Tag welche im Park gesehen)
Die Fahrt ging eine Stunde und unterwegs sahen wir wunderschöne, weiß getupferte Fleckendelfinen(Wikipedia-Bild)
Kurz nachdem wir am Park ankamen, lief uns ein Tapir entgegen. Ein Tapir ist ein Unpaarhufer und hatte Mal vor ca 50 Millionen Jahren eine gemeinsame Entwicklungslinie mit dem Pferd, der nächste Verwandte ist das Nashorn.
Katha hat andere Tapire gesehen, meine Tier-Fotos sind auf der Kamera (alle folgenden Fotos von Katha oder anders angegeben)
Am Anfang sahen wir gleich einen "Pootoo", ein Nachtvogel mit dem Namen Urutau-Tagschläfer, den ich bereits in Manuel Antonio bewundern durfte.
Schöne Königsspechte (Vogel-App)
Tuberkehlhokko -Hühnervogel
Rotbauchguan-Hühnervogel (Vogel-App)
Kahnschnabel-Reiher (Vogel-App)
Viele Faultiere haben wir gesehen, und ein sehr süßes Faultier mit Baby, das mit seinen Krallen und Bauch spielte. Eine Amerikanerin von der Gruppe wollte mir noch die Bilder schicken, aber hier das schlafende Faultier
Die kleinsten der vier Affenarten in Costa Rica, die Rotrücken-Totenkopfaffen
Wir sind also die Pfade entlang gelaufen mit einer kurzen Pause und wieder um 12:30 Uhr mit dem Boot zurück, da haben wir dankenswerterweise Ananas und Kekse bekommen, im Hostel-Restaurant bekam ich dann Burger.
Danach ging ich zum Hostel, ich war ganz allein, und legte mich in die Hängematte, wo ich einschlief. Später ging ich runter, wo die anderen am Strand saßen und fragte, welche Tiere sie gesehen hätten.
Mit zwei Chilenen ging ich den bewölkten Sonnenuntergang anschauen, der aufgrund der sich in verschiedene Rottöne färbenden Wolken fast schöner als der am Tag davor war.
Abends schmissen wir alle Reste zusammen und machten ein schönes Abschieds-Family Dinner.
Ich unterhielt mich noch mit Carles und der französischen Schweizerin Nathalie und wir tranken den restlichen Rum, den ich seit Honduras mit mir rumschleppte. Alle sind wir in einem Umwandlungsprozess, und machen etwas Neues in unserem Leben, wollen nicht mehr Teil des Systems sein.
Plötzlich kackte mich etwas von oben an.Ja, richtig gelesen, ich wurde unter dem Dach angekackt und es war kein Vogel! Es sah zwar aus wie ein Vogelschiss, kam aber von einem 20cm langen Gecko. Vielleicht bringt es mir ja Glück ...
Corcovado war mit seiner Artenvielfalt und den Menschen und den wunderschönen Buchten eines meiner absoluten Highlights der Reise!
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